Durch die Dünen Dänemarks

Durch die Dünen Dänemarks

5. August 2024 0 Von Andreas

Denen die Dänen nicht egal sind

Wir sind jetzt wieder seit einigen Tagen auf Fahrradtour, diesmal durch Dänemark. Und es fühlte es sich so an, als hätten wir gar nicht aufgehört. Erstmals hätte ich hier auch die Säge gebraucht, die ich für die lange Reise gekauft und mitgenommen hatte. Diesmal ist sie nicht mit dabei. Dazu aber später mehr.

Mit dem Zug sind wir von Hamburg nach Klanxbüll gefahren. Von dort ist es nicht weit zur dänischen Grenze. An ebendieser setzen wir uns zu einem dänischen Paar und machen Mittag. Wir erleben gleich die Freundlichkeit und Offenheit der Dänen und sehen einen Seeadler seine Kreise über der Nordsee ziehen. Und wir machen gleich Bekanntschaft mit den häufig vorhandenen, öffentlich und kostenlos zugänglichen sauberen Toiletten.

Etwa 40 Kilometer weiter machen wir unsere erste Erfahrung mit einem dänischen Shelter. In diesem Land gibt es ein ausgeprägtes Netz solcher einfacher Schutzhütten, in die man sich meist kostenlos legen kann. Oft gibt es einen Feuerplatz, ein einfaches Plumpsklo und Wasser. Wir finden das eine geniale Option für die Übernachtung, weil sie auch häufig an schönen, nicht sehr frequentierten Orten liegen. Der erste Shelter hat sogar Doppelstock Betten. Wir haben Glück, ein Shelter ist noch frei und wir können uns ausbreiten und einrichten. Nach unserem Abendessen gehen wir noch auf den Deich und beobachten den Sonnenuntergang bevor es dann für die Nacht in den Shelter geht. Insgesamt stehen dort drei Shelter und inzwischen sind sie alle gut belegt. Nachts erleben wir aber auch den Nachteil dieser Übernachtungsform, wir bekommen zahlreichen Besuch von Tieren, die nach unserem Blut trachten. Aber irgendwann schlafen wir auch friedlich in einer schönen Umgebung ein.

Gestern war ein besonderer Tag, besonders anstrengend und ein besonderer musikalischer Abend. Gestern ist der zweite Tag auf unserem Weg wieder Richtung Süden und ja, von den weiteren Tage und Erlebnisse auf unserem Weg bis zur Nordspitze Dänemarks, wo Nord- und Ostsee sich treffen, erzähle ich später noch. Weil es so ein besonderer Tag war wollte ich jetzt schon davon berichten. Der Tag fängt gut an, wir haben in einem Unterstand im Hafen von Vive übernachtet. Der Hafenverein erlaubt die Nutzung des Vereinsheims, sogar mit warmer Dusche und Bier können wir uns dort auch kaufen. Zusammen mit den Gebühren für den Shelter passt das mit unserem Bargeldreserven, Rückgeld gibt es keins. Am Abend zuvor, sitzen wir mit Bier in der Sonne auf dem Steg und schauen auf den Mariager Fjord. Bald fällt uns ein Seehund auf, es ist, wie uns vorher berichtet wurde, der ansässige Seehund, der sich immer auf einem Stein vor der Hafeneinfahrt ausruht. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie die Robben ihre Flossen aus dem Wasser heben können und möglichst wenig Körper im Wasser lassen.

Nach einem schönen Morgen geht es wieder auf unseren Fahrradweg, der uns entlang der Küste durch idyllische Dörfer und kleine Häfen führt. Unser Zwischenziel für den Tag ist Hobro. Auf dem Weg dorthin werden wir auf Abwege gebracht. Was zunächst ein gut ausgeschildert Fahrradweg war, verliert plötzlich die Beschilderung. Wir folgen dem Navi, der uns zu einem Hotel und dann auf einen Wanderweg führt. Es geht durch ein sehr schönes Tal, aber auf einem Wanderweg mit dem Fahrrad zu fahren ist eine eigene Herausforderung und anstrengend. Inzwischen ist es Mittag und wir brauchen eigentlich dringend eine Pause, aber es gibt keinen geeigneten Platz. Schließlich setzten wir uns in einem Wohngebiet auf den Rasen bei einem Spielplatz. Wir haben einen wunderbaren Blick auf den Mariager Fjord an dessen Ende auch Hobro liegt.

Gestärkt und etwas erholt kommen wir also in Hobro an. In der überschaubaren Innenstadt finden wir auch ein Kaffee und es gibt sogar Kaffee und Kuchen. Danach schauen wir uns den Kulturkai an, der uns in der Reisebeschreibung angepriesen wird. Was wir sehen ist etwas ernüchternd und wirkt in die Jahre gekommen. Weiter geht es zum nächsten kulturellen Highlight, bei Hobro hatte König Harald Blauzahn eine von fünf Rundburgen bauen lassen. Die will ich sehen. Für 100 Kronen pro Erwachsenen dürfen wir auf das Gelände. Es gibt auch tatsächlich den Erdwall der Rundburg und Schafe. Wir vermissen aber ganz grundlegende Informationen, etwa wie viele Menschen dort gelebt haben, wer hat dort gewohnt? Auch in dem nachgebauten Langhaus gibt es nur spärlich Informationen. Ernüchtert fahren wir weiter zu einem Bauernhof aus der Wikingerzeit, der Eintritt ist in Preis inbegriffen. Dort ist mehr zu sehen und einige Freiwillige führen das Leben zu Blauzahns Zeit vor.

Nach so viel Kultur treten wir wieder in die Pedale, es geht hoch und runter und als wir nach knapp 60 Kilometer einen Laden und Campingplatz finden, sind wir froh und bleiben.

Der Campingplatz ist besonders, schon bei der Anmeldung werden wir gefragt, ob wir ein Musikinstrument spielen und, dass ab 21 Uhr im Gemeinschaftsraum musiziert wird. Auch ohne selber zu musizieren dürfen wir auf den Zeltplatz. Schon während wir unsere Zelt aufbauen wird neben uns gejamt und geprobt. Weiter weg übt jemand Geige, an einer anderen Ecke spielt ein Akkordeon, andere spielen Gitarre.

Um Neun ist der Raum schon ziemlich voll, wir finden noch zwei Plätzchen und sind gespannt. Bis etwa Zwölf hören wir ein buntes Programm, jeder Act darf nur drei Lieder spielen, heute Abend wollen so viele Leute vorspielen. Da sind gute bis sehr gute Musizierende am Start. Von vertonten Gedichten über holländischen Gassenhauer, bei denen das halbe Publikum mitsingt bis zu einem Vater Sohn Gitarrenduo wird uns einiges geboten. Beseelt legen wir uns in unser Zelt am Ende dieses besonderen Tages.

Bis zu dem besonderen Tag müssen wir aber noch entlang der Nordseeküste nach Norden. Durch abwechslungsreiche Landschaften meist weit entfernt von Straßen rollen wir nach Norden. Klar kommen wir auch durch Ferienhaus-Siedlung. Finden aber immer auch ein schönes Shelter. Schon bei unserem zweiten Shelter lernen wir dazu. Zum einen bauen wir unser Innenzelt im Shelter auf, das hält Blutstauger auf Distanz. Und wir werden gegenseitig zur Duschhaltern. Einer von uns steigt auf einen Tisch und hält den Wassersack. So kann sich immer einer von uns duschen. Klar, das Wasser ist kühl, aber letztlich nicht so sehr. Und nach einem Tag Fahrradfahren ist eine Dusche sehr angenehm.

Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich, und wir haben auch Glück mit dem Wind, er kommt aus südlicher Richtung und schiebt uns. Am vierten Tag kommen wir in einen ausgedehnten Regenschauer, wir werden ziemlich nass und beschließen in eine Mini-Hütte auf einen Campingplatz zu gehen, für den Abend ist weitere Regen vorhergesagt. Der Campingplatz hat nur einen self Check-in, der Versuch eine Hütte zu buchen scheitert an den nicht vorhandenen Umlauten auf der dänischen Tastatur. Also buchen wir einen Zeitplatz über das Handy. Das passt auch, die Regenschauer warten wir in der Gemeinschaftsküche und dem Gemeinschaftsraum ab und Nachts stört uns der Regen nicht.

Auch auf dem Campingplatz haben wir Platz

Weiter im Norden ist der von uns angesteuerte Shelterplatz belegt. Es ist diesmal ein privater Platz. Uns wird geraten am Haus zu klingeln und zu fragen, wo wir unser Zelt hinstellen können. Es öffnet uns Greta, ein ältere Frau, die sich sehr über unseren Besuch freut, sie kann auch etwas Deutsch, was die Verständigung einfacher macht. Ihr Mann will uns in die Dünen schicke, aber sie sagt, dass es dort doch viel zu windig ist, wir sollen in den Garten. Sie führt uns zu einem windgeschützen Platz bei den Hühnern. Wir sagen ihr, wie toll wir es finden, dass sie ihren Garten so für Reisende öffnet. Darauf erwidert sie, dass sie doch so viel Platz hätten und sie freut sich ihn mit Radreisenden und Wandernden zu teilen. Das finden wir toll.

Es geht weiter nach Norden, die Landschaft wird wilder und wir durchfahren wundervolle, einsame Gegenden, mit Steilküsten und Abschnitten, an denen uns die Radroute über den Strand führt. Eine ganz eigene Erfahrung. Die Räder tun uns leid und wir hoffen, dass kein Sand ins Getriebe kommt. Neben uns Fahrrädern sind aber auch an einigen Abschnitte zahlreiche Autos am Strand unterwegs. Den Anblick finden wir nicht so schön.

Kurz vor einer der höchsten Dünen Dänemarks machen wir wieder am einem Shelterplatz halt und zelten dort. Frisch ausgeruht geht es am Morgen zunächst auf die Rubjerg Kunde, vor der Düne werden sogar Hubschrauberflüge angeboten und eine kleine Völkerwanderung will auf die Düne. Es ist erstaunlich fester Sand und wir haben einen guten Blick, aber ein kühler Wind scheucht uns bald wieder von der Düne auf unsere Fahrräder.

Inzwischen sind wir schon nördlich von Hirthals und fast an der Nordspitze Skagens. Inmitten eines Naturschutzgebietes finden wir einen sehr schönen Shelter, unser Zelt passt rein. Vor dem Shelter spannen wir noch über Tarp auf gegen den angekündigten Regen. Als wir kochen wollen, stellen wir fest: wir haben kaum noch Gas. Zum Glück gibt es eine Feuerstelle und einen Schwenkgrill. Also suchen wir uns Holz. Es gibt genug trockenes Holz, es muss aber noch in passende Stücke geschnitten werden. Hier wäre meine Säge hilfreich gewesen, aber zum Glück habe ich das gute alte Schweizer Taschenmesser mit Säge dabei. Das ist etwas mühsamer, geht aber letztlich auch. Mit den Holzstücken zünden ein Feuer an über dem wir kochen. Das ganze dauert etwas länger als mit Gas, funktioniert aber hervorragend und gibt dem Essen einen leicht rauchigen Beigeschmack. Während des Kochens kommt eine junge Frau vorbei, ist von den Sheltern fasziniert, macht Fotos und geht dann wieder ihrer Wege. Etwas später kommt sie wieder, wir sind inzwischen beim Essen. Da es regnet laden wir sie unter unser Trap auf einen Tee ein, essen will sie nichts. Wir unterhalten uns auf english und sie spricht mit indischem Akzent. Sie erzählt, dass sie in Portugal lebt und gerade in Dänemark Urlaub macht, Couchsurfing. Sie ist auf der Suche nach einer Düne, wir können ihre nicht viel helfen, außer auf einen Aussichtspunkt hinweisen. Sie will auch weiter an die Nordspitze Skagens bevor sie zu ihrer Unterkunft in Frederikshafen fährt. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit finden wir das ein beachtliches Programm und wünschen ihr viel Erfolg. Und wir haben Verständnis, dass sie sich nach dem Tee wieder auf den Weg macht.

Nach dem Essen gehen wir zum Aussichtspunkt, sehen die Dünenlandschaft, zu der wir weiter aufsteigen. Wir sind fasziniert von dem Blick, der Landschaft und der Aussicht auf Nord- und Ostsee vom selben Punkt aus. Und wir genießen die Dünen nur für uns zu haben, wir teilen sie nur mit einigen Mücken und Vögeln.

Der nächste Tag startet bedeckt, windig und kühl, der Wind hat auf Ost gedreht und macht es uns schwerer uns an die Nordspitze vorzuarbeiten. Natürlich schaffen wir es trotzdem, den letzten Kilometer müssen wir aber am Strand laufen bis wir dort stehen, wo Nord- und Ostsee sich treffen. Und es ist eine stürmische Ostsee, die auf eine ruhige Nordsee trifft. Nach dem beeindruckenden Anblick geht es nun nach Süden.

Der Regen und die kühlen Temperaturen erinnern uns an unsere Tour letztes Jahr. Und leider ist die Strecke nicht sehr schön, wir werden meist an einer größeren Straße entlang geführt. Am späten Nachmittag finden wir einen Supermarkt. Nach dem Einkäufen erholen wir uns in einem Cafe und wärmen uns auf. Nicht weit entfernt gibt es einen Campingplatz. Wir beschließen dort zu bleiben. Und wir haben Glück, sie haben eine einfache Hütte für uns. Kaum sind wir angekommen, kommt der nächste Schauer und wir sind froh eine trockene, warme Unterkunft für die Nacht zu haben. Die Nacht wird zunächst etwas unruhig, wieder wollen einige Mücken an unser Blut und die Matratzen hatten schon bessere Tage gesehen.

Der Wind hilft uns weiter auf unserem Weg nach Süden. Wir kommen bei dem netten Städtchen Saeby vorbei, die gerade ihr 500jähriges Bestehen feiern. Wir beobachten auch eine Führung, leider ist sie auf Dänisch und wir verstehen zu wenig, um wirklich teilzunehmen. Dafür gibt es ein nettes Café in einem Innenhof. Gestärkt treten wir wieder in die Pedale. Wr haben ein Shelter im Hafen von Asaa für die die Nacht anvisiert. Als wir ankommen sind sie schon belegt und zudem findet dort gerade ein Hafenfest statt und verspricht eine unruhige Nacht zu werden. Also fahren wir weiter nach Hou, dort finden wir auch einen schönen Shelter mit Platz für unser Zelt. Im Hafen wird auch hier gefeiert, das Fest ist aber kleiner. Als wir ins Festzelt gehen, um der Musik zu lauschen und auch ein Bier zu trinken, müssen wir feststellen, dass bezahlen nur mit der dänischen App MobilPay geht. Dafür benötigt man auch ein dänisches Konto. Also gibt es kein Bier für uns und nach ein paar Schunkelliedern lassen wir die Dänen unter sich weiter feiern.

Unsere warme Mini-Hütte

Nun steht der besondere Tag für uns an, von dem ich ja schon berichtet hatte. Die Route führt uns nun von der Ostsee weg in die Landesmitte, wo wir dem Heerweg oder auch Ochsenweg bis Flensburg folgen wollen. Auf diesem Weg wurden früher die Ochsen von Norddänemark bis nach Hamburg getrieben. Wir brauchen letztlich noch vier Tage bis Flensburg. Neben Horbo kommen wir noch durch andere wichtige Wikingerstätten, wie etwa Viborg mit seinem beeindruckenden Dom und Jelling, dort können wir zwei Runensteine bewundern von Harald Blauzahn und seinem Vater, auf denen Dänemark erstmals erwähnt wird.

Der Weg durch die Mitte Dänemarks begeistert uns nicht so sehr wie die Nordseeküste. Dafür sind in der Mitte Dänemarks deutlich mehr interessante Stätten, Hügelgräber und Kirchen zu sehen, die einen lohnenswerten Stopp sind. Nach 1100 Kilometern und 16 Tagen kommen wir in Flensburg an und kurz darauf sind wir wieder in Hamburg.

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